Alles eine Frage der Gerechtigkeit? – Kontroversen rund um die aktuelle Wirtschafts- und Sozialpolitik
„Es ist nicht schwer, vorherzusagen, dass die vermutlich bevorstehende Beerdigung 'sozialer Gerechtigkeit' unter ihrer allgemeinen Beschwörung vonstatten gehen wird. Eine neoliberale Politik wird also ganz sicher auch 'soziale Gerechtigkeit' beanspruchen.“ (Ulrich Beck, Mehr Zivilcourage bitte, in: Die Zeit Nr. 22 vom 25. Mai 2000)
Eine zentrale Denkfigur politischer Legitimation heißt in westlichen Gesellschaften Gerechtigkeit. Sie lässt sich in zwei Dimensionen einordnen: als politische und als soziale Gerechtigkeit. Die politische Gerechtigkeit bezieht sich auf die Grundlagen des Gemeinwesens, auf die Voraussetzungen eines gewaltfreien und solidarischen Zusammenlebens unter grundsätzlich als frei angesehenen Menschen. Die soziale Gerechtigkeit wird heute zwar oft auf das Problem gerechter Einkommensverteilung reduziert, aber gerade auf dieser Ebene dürfte es tendenziell unlösbar sein. Daher muss sich die Frage nach sozialer Gerechtigkeit umfassender auf die Gestaltung jener Institutionen beziehen, von denen die Verteilung der Lebenschancen abhängig ist.
Kann es gerecht sein, dass Aktienkurse eines Unternehmens steigen, wenn die Beschäftigten entlassen werden? Wie hoch darf die Arbeitslosenquote steigen, ohne den sozialen Frieden zu gefährden? Diese und andere Fragen sollen im Seminar diskutiert werden. Gegenstand der Veranstaltung ist vor allem das Spannungsverhältnis zwischen „wirtschaftlich sachgemäßem“ Verhalten einerseits, und dem, was andererseits als „verantwortlich“, „moralisch vertretbar“ und als „gerecht“ angesehen wird. Schwerpunkte bei der Veranstaltung werden folglich der Zusammenhang von wirtschaftlicher Freiheit und sozialer Gerechtigkeit sowie das Verhältnis von Staat und Markt sein.